Von Ørnes fahren wir unter Maschine auf glattem Wasser durch den Glomfjorden zur Brücke Brattholmen, und weiter durch den Århaugs- und Holandsfjorden nach Engen. Engen ist der Name einer abgelegenen Farm. Diesen Fjord besucht man wegen des Svartisengletschers. Dieser ist mit 370 km² Eisfläche der zweitgrößte Gletscher Europas, aber auch er zieht sich zurück. Bei gutem Wetter kann man die riesige Eiskappe schon aus großer Entfernung sehen.

Schon bald nach dem Anlegen wandern wir durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet zum Engenbreenvattnet und an dessen Seite zum Felsvorbau dieses Ausläufers des Gletschers. Das Bilderbuchwetter ist wie gemacht für diesen Landgang.
Der Fels ist durch den Gletscher stark abgeschliffen, manchmal sichern Ketten an glatten Stellen den Weg und überall rinnen Bäche herunter. Der Pfad steigt zunehmend an. Die verschieden harten, gebänderten und gefärbten Gesteine in ihren vielgestaltigen Verwitterungsformen sind sehr interessant anzusehen.

Der Anblick eines Gletschers aus der Nähe ist immer faszinierend und beeindruckend. Die von der großen Eisfläche abgekühlte Luft weht als kühle Gletscherbrise herab. Das ist an so einem schönen, warmen Tag wie diesem recht angenehm. Alexander kann nicht widerstehen und badet kurz in einem schönen Felstümpel im eiskalten Wasser. Ganze 11 km war diese Wanderung lang, obwohl der Gletscher nicht fern aussah. Diese Dimensionen täuschen!

Als wir wieder am Schiff ankommen ersucht uns der Skipper der großen, holländischen Stahlketsch ANNA MARGARETHA um Platztausch am Steg. Das kann ich natürlich nicht abschlagen. Dann erst grillen wir die Makrelen, welche wir am Vortag gefangen haben und lassen den Tag ausklingen.


Auch heute ist bis hinaus zum Hauptfahrwasser spiegelglattes Wasser. Lenticularis stehen am Himmel, aber gleichzeitig verschleiern Cirren die Sonne und im unteren Stockwerk quellen bereits kräftige Cumuli auf. Das lässt viel Interpretationsspielraum und wir sind noch etwas unschlüssig, wohin die Reise heute genau gehen soll.

Als Wind aufkommt, entscheiden wir auf Südkurs Richtung Sandnessjön. Das läuft recht gut bis kurz vor dem Polarkreisdenkmal, doch plötzlich ist der Wind weg. Wenig später geht es wieder sehr gut in Richtung Süden. Der Wind ist teils durch hohe Berge abgedeckt und abgelenkt. Im Westen vor Nesna gewittert es schon. Kein Wunder bei der föhnig-schwülwarmen Wetterlage mit Temperaturen über 20° C. Es ist hier selten, dass man im Sweatshirt segeln kann! Als wir festmachen beginnt es zu tropfen. Nach 11 Stunden Segeln sind wir recht hungrig. Wir kamen weiter als gedacht, 60 Seemeilen waren heute eine gute Leistung.


Schon bald außerhalb des Naturhafens Torget setzen wir Segel und stellen die Maschine ab. Heute ist es möglich, ohne Manöver auf direktem Kurs nach Leka zu segeln. Der norwegische Besitzer der schönen, alten Motoryacht in Holzbauweise, die wir auf unserer Reise schon öfters gesehen haben, hat uns das nahegelegt. Der Hafen in Leka ist sehr klein und hat nur einen Schwimmsteg. Es weht kräftiger Seitenwind, wir legen zuerst an und wenden das Boot dann mithilfe der Leinen.

In unmittelbarer Nähe des Hafens ist der Herlaugshaugen zu sehen, ein Königsgrab von enormen Ausmaßen. An diesem großen Hügelgrab wurde 1775 und 1780 bereits gegraben, aber es ist noch weitgehend unerforscht. Man vermutet hier eine Beisetzung mit einem großen Wikingerschiff.
Leka dürfte in der späteren Eisenzeit ein Machtzentrum an der Küste Namdalens gewesen sein. Schon vor 10.000 Jahren haben sich hier bereits Menschen angesiedelt, so alt sind die auf Leka gefundenen Höhlenmalereien.

Wir wandern nach Skei in Richtung Skeisneset, einem 520 ha großen Naturschutzgebiet. Das ist eine von 22 ausgewählten, norwegischen Kulturlandschaften, die während mehrerer Tausend Jahre Bewirtschaftung und Kultivierung ihr heutiges Gesicht erhalten hat. Haustiere wie das alte, norwegische, kurzschwänzige Schaf „Gammel norsk sau“ helfen, das Verbuschen zu verhindern. Diese Tiere leben ganzjährig im Freien.
Auf Leka findet man neben Küstenheide, Mooren, Blumenwiesen und Feuchtgebieten auch mehr als 50 Grabhügel (Rösen) aus der Bronze- und Eisenzeit. Die Ivarshallaren ist ein modern und gut gestalteter Unterstand aus Holz auf einem Platz mit besonders schöner Aussicht aus nur 40 m Seehöhe. Der wunderbare Blick reicht bis Vega und zum Torghatten. Interessant dürfte auch die spezielle Geologie der Insel Leka mit ihren auffälligen, gelben Felsen sein.