Saint Anne – Rodney Bay
Wieder erleben wir eine problemlose Passage bei guten Bedingungen. Recht schön ist das Einlaufen in die große Rodney Bay, die ganz im Nordwesten von St. Lucia liegt. Hier, in der zweitgrößten Marina der Karibik, bekommen wir einen Platz. Für viele Segler endet in Rodney Bay die ARC. Es gibt natürlich auch Plätze für Megayachten. Die Ankerbucht vor der Stadt ist sehr weitläufig.

Das Einklarieren war schnell erledigt. Die österreichischen Segler Eveline und Michael von der OCEAN FANTASY besuchen uns kurz. Sie sind auf Weltumsegelung. Hier treffen wir zufällig auch Jan von der holländischen Yacht YULUNGA, das war unser Nachbarschiff in Cascais/Portugal. Sie werden nach Norden segeln und den Sommer in Curacao verbringen.


Pigeon Island
Wir machen einen Ausflug und fahren mit dem Dinghy zu Pigeon Island und besuchen den Nationalpark. Dort ist ein nettes Lokal am Strand, Jambe de Bois, wo wir gut essen. Dann schlendern wir zum Fort Rodney und auf Signal Hill.
Die Franzosen besetzten St. Lucia etwa um 1650. Bis 1803 kämpfen England und Frankreich um die Insel und sie wechselte unglaubliche 14 Mal den Besitzer. Letztlich blieb sie aber britische Kolonie. Admiral Lord George Rodney war Befehlshaber des Westindien-Geschwaders und kämpfte von hier aus gegen die Franzosen.








Pigeon Island ist keine Insel mehr, es wurde in den 70er Jahren durch eine Aufschüttung mit St. Lucia verbunden. Auf der neu entstandenen Fläche wurde das Hotel Sandals Grande St. Lucien gebaut.

An einem Nachmittag fahren wir in die Bucht, in die der Bois d´Orange River mündet. Diese enttäuscht aber, es ist nicht besonders schön da, bloß einsam.


Anse Cochon
Wir bunkern Wasser und laufen aus. Es ist sehr heiß und schwül, auch windstill. Erst ab der Haupstadt Castries ist Segeln möglich. Bei der kleinen Marigot Bay fahren wir auch vorbei, die soll aber schön sein. In der Anse Cochon gehen wir an eine Boje und verbringen den restlichen Tag im Wasser.





Soufriere
In der Nacht ist es extrem rollig, auch ein kräftiger Schauer geht nieder. Morgens ist es aber wieder strahlend schön mit kleinen Cumuli, jedoch fast windfrei. Wir segeln sehr langsam nach Soufriere. Dort sehen wir uns noch in der Sadt um, gehen auf einen Drink und holen Sprit für den Außenborder.










Petite Piton
Irven, der Boatboy, ist heute unser Guide für eine besondere Tour. Pünktlich um 06:00 Uhr werden wir abgeholt, gehen in Malgretoute Beach an Land und wandern zum Einstieg. Der Trail auf den Petite Piton hat es in sich! Er wird sehr schnell sehr steil und ist verblockt. Viele Wurzeln bieten gute Griffe, die bei der nun extremen Steilheit des Aufstiegs auch sehr willkommen sind. Bald schon haben wir einen schönen Tiefblick in die Bucht. An vielen Stellen sind dicke, ziemlich alt aussehende Taue als Steighilfe ausgelegt. Deren Befestigung ist meist überwuchert und unsichtbar, dadurch steigt das Vertrauen nicht. Eine echte Sicherung sind diese Taue ohnehin nicht, da man sie bei einem Sturz ja unweigerlich loslässt. Der Trail ist sehr direkt angelegt und führt über viele Felsstufen hinweg. Auf einer schwach ausgeprägten Schulter des Bergs kann man ein Stück hinausgehen. Schon hier bieten sich uns atemberaubende Tiefblicke. Helga schlägt sich auf dieser anspruchsvollen Tour hervorragend und Irven ist gar barfuß unterwegs. Reggae Musik tönt aus seinem Bluetooth Lautsprecher, der am Gürtel baumelt. Was ich auf heimischen Bergen klar als Unsitte und Belästigung empfinde, ist hier völlig normal. In der Karibik geht ohne Musik gar nichts.









Dann wird die Tour noch rassiger. Hohe Felsstufen müssen an den hängenden Seilen erklettert werden. Die einfachste davon ist eine lange Felsplatte. Hier wird auf Reibung am dicken Tau geklettert. Es gibt wirklich viele Stellen, die ohne die Taue unüberwindbar wären. Dazwischen braucht man auch immer beide Hände, um an Wurzeln und am Fels zu klettern. Vor dem Gipfel ist noch eine schwierige Stelle, die man aber durch das „Rabbit Hole“ umgehen kann. Dort kann man ohne Rucksack durchkriechen. Ab hier sind es nur mehr wenige Minuten zum kleinen Gipfelplateau. Wir sind vom Schweiß völlig durchnässt.





Vom Petit Piton überblickt man nahezu ganz St. Lucia, auch den Norden und bis hinaus an die Westküste. Wir gönnen uns 20 Minuten Pause bei grandioser Rundsicht aus 743 m Seehöhe.







Irgendwo habe ich gelesen: “Hiking the top of petit piton Saint Lucia is optional. Getting down is mandatory.” Wie wahr! Noch nie mussten wir einen so hohen Anteil des Abstiegs dem Berg zugewandt absolvieren. Die nun rasch steigenden Temperaturen machen das Ganze sehr fordernd. Mittags sind wir schon wieder am Boot. Heute habe ich Geburtstag, durch diese Unternehmung wird er mir vermutlich besonders gut in Erinnerung bleiben. Nun gibt´s Bier.



Einen Tag bleiben wir noch zum Entspannen und Einkaufen in Soufriere. Wieder muss ich Wasser in Kanistern zum Boot bringen. Zwei Kanister brachte uns Irven. Wir fahren mit ihm zur Bat Cave, ein großer Felsspalt, der tagsüber dicht mit schlafenden Fledermäusen besetzt ist.


Hinter dem Felskap liegen die Luxushotels Jade Mountain und Anse Chastanet. Hier geben die Gäste zwischen 1.000,- und 5.000,- USD pro Tag für Unterkunft und Verköstigung aus. Sie sind perfekt von der Realität der Insel abgeschirmt und müssen sich die einheimische Bevölkerung und ihre oft nur notdürftig instandgehaltenen Häuser in Soufriere nicht ansehen. Um das in die richtige Perspektive zu setzen: Deren mittleres Einkommen beträgt um die 11.000 € jährlich.

Auf einen Besuch von Vieux Fort im Süden der Insel verzichten wir, da man dort zum Ausklarieren zum Flughafen muss. Das scheint zu kompliziert zu sein.