Eine Yacht in Schweden stationiert zu haben und mit der Neuerwerbung in den westlichen Schären zu Segeln beginnen ist doch eher ungewöhnlich für Österreicher. Aber: Der Schärengarten ist ein fantastisches Revier!

Segeln im Abyfjord

Die etwa 8000 Schären der schwedischen Westküste sind beim ersten Blick in die Seekarte ein ziemlich unübersichtliches, abschreckendes Inselgewirr. In der Realität ist der Schärengarten eine eindrucksvolle karge Landschaft, in der man sich als Segler schnell zurechtfindet. Während der sehr kurzen Saison, die nach Mittsommer beginnt, ist man selten allein unterwegs. Beliebte Ankerbuchten und Schären kann man oft aus der Entfernung an den Masten erkennen. Aber schon Mitte August ist mit der hochsommerlichen Betriebsamkeit fast schlagartig Schluss. Das ist dann die beste Zeit, bis das Wetter im Herbst merklich rauer und kühler wird.

Begegnung mit der Küstenwache

Sehr gute nautische Unterlagen und aktuelle Karten auf den elektronischen Navigationsgeräten sind unabdingbar. Wenn man die in den Karten eingetragenen, empfohlenen Kurslinien verläßt, ist höchste Vorsicht und gute Planung gefordert. Nur Revierkenner kürzen hier ab. Tatsächlich sind die Fahrwasser ideal angelegt, und sehr gut betonnt. Viele Leuchtfeuer und Baken, auch Peilmarkierungen helfen bei der Navigation. Bei schwierigem oder unsichtigem Wetter kann man sich in den Kanälen hinter den größeren Inseln noch gut bewegen.
Das bei den Schweden sehr beliebte Liegen an Schären ist natürlich nur bei ruhigem Wetter möglich. Es gibt unzählige Plätze, an denen das möglich ist. Die Ankermöglichkeiten sind ebenso vielfältig. Betreffend Felsliegeplätzen und Ankerbuchten gibt es vom SXK zusammengestellte Mappen mit Beschreibungen, Kartenausschnitten, großformatigen Luftaufnahmen mit eingezeichneten Detail sowie eine App.

Zu beachten ist, dass man vielerorts auf Großschiffe treffen kann, welche die Häfen von Göteburg, Udevalla, die Raffinerie von Stenungssund oder jene im Brofjorden anlaufen. Zwischen dem Festland und den Inseln gibt es auch sehr viele Fähren und Rollfähren.

Donsö

Granit, wohin man blickt

Kleven

Sehr viele Felsen und Steine befinden sich unsichtbar an oder unter der Wasseroberfläche, je nach Wasserstand nur knapp. Oft werden sie von einem Schwarm sitzender Vögel markiert oder man kann sie an der aufspritzenden Gischt erkennen. Beim Vorbereiten unserer Tagesstrecke markieren wir alle nahe unseres geplanten Kurses liegenden Steine in der Seekarte. Allfällige, warnende Seezeichen sind meist nur wenige Meter von der Gefahrenstelle entfernt. Kreuzen mit Wende nahe am Ufer ist in vielen Fjorden möglich, man muss aber die Gefahr von Steinen stets beachten. Sicher und unbeschwert ist die Fahrt in den weißen Flächen der Seekarte außerhalb der 6m Isobathe.


Bordleiter am Bug, Bojenhaken, Heckanker, Schärennägel

Unser Schiff hat ein einfach zu bedienendes Rigg mit elektrischen Reffanlagen. Die Zahl der Leinen ist überschaubar, die Trimmmöglichkeiten begrenzt. Die linksdrehende Schraube mit dem starken Radeffekt kann man vorausschauend und zum Vorteil verwenden. Das eigene Schiff kennenlernen und damit umzugehen ist eine Sache, dass aber im Norden völlig andere nautische Gebräuche gelten, eine andere: Anlegen mit dem Bug vor Boje, Anlegen vor Heckanker im Hafen, im Päckchen liegen, vor Heckanker am Fels liegen. Dies alles war neu für uns. Natürlich kam es anfangs zu einigen interessanten und lehrreichen Vorgängen. Vieles mussten wir erst von einheimischen Könnern abschauen und analysieren. Wenn man aber geübter wird, mit steigender Erfahrung geschicker agiert, und das richtige Zubehör besitzt und anwendet, werden die Manöver besser.

Auffällig war, dass viele Schweden relativ kleine Boote fahren. Das liegt unter anderem daran, dass viele Häfen recht eng sind. Wenn ich erwähnte, dass dies unser erstes Boot und unsere erste Saison ist, erntete ich meist sehr erstaunte Blicke. Ausnahmslos alle erzählten uns, dass sie schon seit ihrem siebten Lebensjahr segeln…


Wetter

Es ist allgemein eher besser als sein Ruf. Starkwind aus westlichen Richtungen ist im Herbst recht häufig,
der weht dann auch noch viele Seemeilen tief in den Fjorden. In den Bereichen, die nicht durch Schären vom Skagerak abgetrennt sind, steht dann eine unangenehme Welle. Ablandiger starker Wind ist besser segelbar. Aber so schnell wie der Wind auffrischt, so schnell kann er auch abflauen. Eigenartig war, dass oft tagelang in der Nacht sehr steife Winde wehten, während es am Tag kaum zum Segeln reichte. Der Wind wird auch durch flache Inseln immer abgelenkt, es gibt Düseneffekte und schnelle Änderungen. Das Segeln durch enge Sunde ist selten möglich.
Der Wasserstand in den Fjorden ist durch den Wind bestimmt, Westwind drückt das Wasser schnell herein, nach Abflauen des Winds fließt es wieder ab. Die Gezeiten sind schwach ausgeprägt, aber die Strömungen, welche wetterbedingt entstehen, sind an engen Stellen oft kräftig!

Blick von Hjältön auf Högh und den Koljöfjord

Wir erlebten im Sommer 2020 eine wirklich sehr schöne erste Saison in einem ganz hervorragenden und absolut faszinierenden Segelrevier.