Wieder steht am Beginn des Beitrags der Name Christoph Kolumbus, – er nannte diese Insel Dominica, weil er sie an einem Sonntag entdeckte.
Île des Saintes – Portsmouth
Wir fahren westlich der Insel Les Augustines nach Süden, der Umweg ist gering. Die meisten Boote nehmen allerdings die schmale Durchfahrt östlich von La Cloche.
Es geht gut zu segeln, am Wind. An der Nordspitze von Dominica ist der Wind durch den Kapeffekt so stark, dass wir kurz einreffen. Dann geht es wieder gut weiter bis in die Abdeckung der Cabrits vor Portsmouth.
Portsmouth
Wir fahren in die Prince Ruperts Bay ein und steuern eine Boje an. Beim Näherkommen erkenne ich eine österreichische Flagge auf einer Motiva! Das muss Walter mit der INDIGO sein. Wie es der Zufall will, trifft man sich auch viele Tausend Kilometer weit weg von zuhause. Wir hatten uns schon vor einigen Jahren, noch während der Reisevorbereitungen, kennengelernt. Er kommt zu uns an Bord auf einen kühlen Trunk. Etwas weiter liegt noch eine österreichische Yacht, der Katamaran BRING ME THE HORIZON, also eine richtige Oberösterreich-Ecke in der Prince Ruperts Bay.
Die Boatboys von Portsmouth haben sich hier schon vor 20 Jahren zu einer Vereinigung zusammengeschlossen, PAYS. Sie bieten diverse Services an, von Security über Moorings, Versorgung mit Diesel und Wasser, Entsorgung, Touren, BBQ´s und auch das Einklarieren. Man bringt die Papiere ins Büro, und PAYS erledigt die Amtswege. Das ist bequem, dauert aber. In Dominica ist Ein- und Ausklarieren ein Vorgang. Man ist also eingeladen, volle zwei Wochen im Land zu bleiben.
Nach einigen Stunden ist es soweit, und wir dürfen in den Ort gehen. Hier sind wir wieder in einem Land, das einst eine britische Kolonie war. Der Unterschied zu dem zur EU gehörenden Guadeloupe wird bald offensichtlich.
Walter berichtet über Probleme mit der Amateurfunkanlage und dem PACTOR Modem. Ich versuche zu helfen und vermute das fehlende GPS-Signal und die daher nicht aktuellen Ausbreitungsdaten als Ursache. Auch nach Installation eines GPS Empfängers ist die Funktion nicht gegeben. Das defekte Bluetooth Modul verursacht ein Verbindungsproblem zum Notebook. Dieses Ersatzteil wird in der Karibik schwer aufzutreiben sein…
Fort Shirley
Wir sehen uns die ziemlich große Festungsanlage Fort Shirley an. Die Bereiche, welche wir besichtigen sind einwandfrei erhalten bzw. restauriert. Dann gehen wir auf den Eastern Cabrit. Auf dem dem Hügel ist nichts besonderes zu sehen, nur eine Kanone der früheren Bluff Point Batterie. Es herrscht große Hitze und wir nehmen am Strand ein Bier. Am Boot gibt es dann frische Früchte, die täglich von einem Boatboy angeboten werden.
Indian River
Trotz der labilen Wetterlage gehen wir zum Indian River, es regnet gelegentlich. Unter dem dichten Blätterdach des Waldes fließt ein ruhiger, tiefer Fluss. Hier ist tatsächlich eine besondere Atmosphäre. Besonders spektakulär sind die unglaublichen Wurzeln der Bäumen der Art Pterocarpus officinalis, die sich teils oberhalb des Bodens schlängeln. Hier wurden auch Szenen von Pirates of the Carribean gedreht. Ein Drink in der Bush Bar ist ein Muss, abends sind wir beim Grillfest bei PAYS
Dominica hat, verglichen mit anderen Karibikinseln, nur wenige Strände. Hierher kommt man vor allem wegen der Landschaft und Natur. Es gibt sieben potentiell aktive Vulkane, etliche Kraterseen, den Heißwassersee Boiling Lake, Schwefelquellen und Wasserfälle. An den hohen Bergen werden die Passatwinde gebremst, Wolken und Niederschlag entstehen. Als eines der niederschlagreichsten Länder der Welt ist die Insel daher sehr grün und als das Land der vielen Bäche bekannt. Im Zentrum der Insel liegt der Nationalpark Morne Trois Pitons. Für wanderfreudige Besucher bietet sich der aus 14 Segmenten bestehende Waitukubuli National Trail an. Er durchzieht die Insel in Nord-Süd Richtung und ist ganze 185 km lang.
Die sehr gebirgige Insel, die mit Tropenwald bedeckt ist, war das ideale Rückzugsgebiet für die Ureinwohner, die Kalinago. Ihr starker Widerstand bewirkte, dass Dominica erst spät kolonialisiert wurde. Zuerst, bis 1761, von den Franzosen, dann bis zur Unabhängigkeit 1978 von den Briten. Entlaufene Sklaven, sogenannte Maroons und Ureinwohner lebten in Camps in den Bergen. Ihre Chiefs waren noch in Afrika geboren und kannten eine andere Gesellschaft, als jene der Plantagen. Sie konnten ihren urspünglichen Lebenstil in den Regenwälden weiterführen. Aus dem Schutz der Wälder heraus bekämpften sie immer wieder erfolgreich die Plantagenbesitzer und das Militär. 1813 entlaubten zwei Hurricanes die Wälder Dominicas. Der Verlust der Tarnung und der Versorgungsmöglichkeiten besiegelte das Ende eines Großteils der Maroons.
Vor allem wegen der guten und großen Ankerbucht hätte Portsmouth die Hauptstadt Dominicas werden sollen. Die Sümpfe unter den Cabrits, die daraus resultierende Mückenplage, Malariaausbrüche und Gelbfieber bewegten die Briten dazu, die Hauptstadt weiter im Süden anzulegen. Statt Portsmouth wurde Roseau die Hauptstadt.
Roseau
Dorthin verlegen wir heute. Das Segeln im Lee von höheren Bergen hat seine Tücken. So kam es vor, dass ein entgegenkommendes Boot die Segel auf der anderen Seite hatte. Da heißt es schnell reagieren! Die Winddrehungen ereignen sich plötzlich und sind sehr unangenehm. Wir wählen eine private Mooring von Seacat, etwas südlich der Stadt.
Freshwater Lake, Titou Gorge, Trafalgar Falls
Heute hat Helga Geburtstag. Wir unternehmen eine geführte Tour, weitere Crews und Besucher sind mit von der Partie. Der Kleinbus bleibt immer wieder stehen, Sea Cat greift ins Grün und gibt Pflanzen zum Riechen und Raten oder Früchte zum Kosten durch. Er klettert auf einen Baum und pflückt eine Frucht, deren Samenkörner zu lutschen sind. Nicht viel dran, schmeckt aber gut. Wir testen auch Zitronengras, Muskatnuss, Zimt, Lorbeer und Passionsfrucht. Oft ruft er aus dem Auto, er scheint jeden zu kennen.
Wir umwandern den Freshwater Lake auf einem gut angelegten Pfad, der auf den teilweise sehr steilen Bereichen Tritte aus Farnbaumstämmen hat. Eine graue Wolkendecke hängt über uns und der Wind ist recht frisch. Wir sind für die Hitze der tiefen Lagen gekleidet, aber beim Gehen wird uns warm. Es geht auf und ab und die Anblicke, die sich uns bieten, sind wunderbar. Die Vegetation neben dem Pfad erzeugt teilweise den Eindruck, in einem Park zu sein.
Nächster Halt: Titou Gorge. Das ist eine sehr tief geschnittene Klamm mit glatt geschliffenen Felswänden. Man geht ins Wasser und schwimmt immer weiter in dieses von außen unsichtbare Naturwunder hinein. Ganz hinten kommt ein Bach als Wasserfall herunter, auch dahinter kann man noch durch. Eine sensationelle Location, die man sich ansehen sollte, – ebenfalls Pirates of the Carribean Drehplatz. Nachher geht es zum Lunch mit Blick auf die Trafalgar Wasserfälle. Die sehen wir uns auch aus der Nähe an.
Auf der Rückfahrt besuchen auch noch eine Schwefelquelle. Eine Tour mit Sea Cat ist wirklich empfehlenswert, der Tag ist gut ausgefüllt. Abends fahren wir mit dem Schlauchboot zum Restaurant des Hotels Ocean´s Edge zum Essen. Frischer Wind auch hier, so kennen wir das gar nicht.
Inselrundfahrt
Gesten haben wir uns einen Wagen gemietet. So können wir selbst in die Berge ins Zentrum der Insel fahren. Hier herrscht Linksverkehr. Bergseitig sind neben der Fahrbahn fast immer einen halben Meter tiefe, ungedeckte Wasserkanäle aus Beton. Diese machen vor allem der links sitzenden Beifahrerin Sorgen. Alle fahren daher möglichst mittig in der Strasse. Obwohl ich mich bemühe es nicht zu tun, muss ich fasziniert so manchen Blick auf die Landschaft und die Vegetation werfen.
Emerald Pool
Im Gebäude beim Parkplatz ist eine sehr interessante Ausstellung zu Natur und Geschichte des Landes zu sehen. Nach einer kurzen Wanderung durch den dichten Regenwald kommen wir zum Emerald Pool.
Dann fahren wir weiter nach Castle Bruce. Die stark kurvige Straße entlang der Küste wird erneuert, wir passieren kilometerlange Baustellen. Viel Staub und Schlaglöcher, aber uns bietet sich ein umfassender Eindruck der Landschaft der atlantikseitigen Ostküste. Gut, dass wir ein so stabiles Auto haben. Hier an der Ostküste gibt es ein Reservat, im dem noch etwa 1000 Angehörige der Kalinaga leben.
Red Rock
Dann besuchen wir die Pointe Baptise Estate Chocolate Factory. Fabrik ist etwas übertrieben, wir finden nur ein normales Haus vor, in dessen Erdgeschoß Schokolade produziert wird.
Der Red Rock im Norden Dominicas ist eine besondere eisenhaltige, geologische Gesteinsformation vulkanischen Ursprungs. Hier sieht man auch sehr deutlich, wie die steten Passatwinde die Vegetation formen.
Der Ort Calibishie und sein Strand sind nicht touristisch erschlossen. Die Fahrt von dort an die Westküste ist landschaftlich wunderbar. Entlang der Westküste führt eine Schnellstrasse zurück nach Roseau.
Scotts Head
Heute fahren wir nach Loubiere, dann Soufrière und entlang der Bucht Richtung Scotts Head, das südwestliche Ende der Insel. Auf diesen Felskopf gehen wir zu Fuß, es ist sehr heiß. Von oben erkennt man, dass die Bucht ein Teil eines versunkenen, sehr großen Kraters ist. An dessen Rändern, die nicht weit vom Ufer entfernt sind, schnorcheln wir. Das ist erfrischend, aber nicht ganz so schön wie in Guadeloupe. Das nahe Champagne Reef wäre wahrscheinlich schöner gewesen. Dann fahren wir hinauf in das recht abgelegene Dorf Gallion. Hier fallen wir auf und sind wohl seit langem die ersten Fremden, die sich hierher wagten. Gegen Abend geben wir das Auto zurück, gehen auf ein Bier und essen Tacos. Als wir in der Dämmerung zum Schiff fahren wollen streikt unser Außenborder. Ein freundlicher Segler von der Schweizer Yacht BALU schleppt uns zu unserem Schiff.
Abends höre ich Helga schreien:“ A Fiiisch!“. Wieder einmal ist ein fliegender Fisch zu ihr ins Cockpit gesprungen. Erstaunlich, wie hoch diese Fische aus ruhiger See und ohne Wind fliegen können. Der hatte allerdings Glück, er wird umgehend zurück ins Meer befördert.
Heute steigen wir schon früh aus der Koje, weil die Mooringboje an den Rumpf klopft und die Kabel im Mast schlagen. Am späten Vormittag nehmen wir Wasser auf. Dazu muss man an eine Boje nahe des Stegs fahren, dort festmachen und eine Landleine legen, damit das Heck zum Steg zeigt. Nur dann reicht der Schlauch.
Ich begebe mich in die Stadt und besuche einen Friseur. Der spricht aber nur Kreolisch. Ein extrem billiger Kurzhaarschnitt ist die Folge. In der Hitze des frühen Nachmittags gehe ich noch auf den Morne Bruce, die Aussicht auf Rouseau ist hervorragend.
Wir bereiten uns gemütlich auf die Passage nach Martinique vor, morgen geht die Reise weiter. Es sind nur 30 Seemeilen, aber wir werden wieder in ein französisch geprägtes Land kommen.