„Let’s take a boat to Bermuda
Let’s take a plane to Saint Paul.
Let’s take a kayak to Quincy or Nyack,
Let’s get away from it all.“

sang Frank Sinatra und andere Interpreten des „Great American Songbook“ in diesem Song von Matt Dennis mit Lyrics von Tom Adair aus dem Jahr 1941.

Bermuda, wer war wirklich schon einmal da? Diese kleine Gruppe von über dreihundert Inseln, von den nur die 20 größten bewohnt sind, ist von einem Riff umgeben und liegt ja nicht gerade vor der europäischen Haustür. Es könnte aber, wie besungen, ein hübsches „Get away“ sein. Für die Amerikaner ist es das ganz sicher und uns hat es hier auch sehr gut gefallen. Der britische Stil und die gepflegte Sauberkeit, die Gärten und Parks fanden wir sehr schön.

St. George´s, eine historische Stadt

Die Einfahrt in die Hafenbucht von St. George´s war nicht so ganz einfach, die Betonnung erscheint von See aus recht verwirrend. Dazu kommt eine magnetische Missweisung von etwa 14,8 °. Man muss sich auch gleich damit anfreunden, keinen Liegeplatz an einem Steg zu bekommen. Dafür ist in der weitläufigen Bucht im sogenannten Powder Hole viel Raum zum Ankern. Es gäbe auch noch einige interessante andere Ankermöglichkeiten in diesem Archipel. Die Fahrrinne durch das Riff zur Hauptstadt Hamilton ist gut betonnt und wird auch von Großschiffen benutzt. Die weitere Navigation in den Riffen ist nach einem Blick auf die Seekarte wenig verlockend.

Die ersten Bewohner Bermuda´s kamen unfreiwillig her. Die SEA VENTURE strandete im Jahr 1609 am Riff und die 150 überlebenden, britischen Auswanderer blieben, bis sie aus dem Wrack und heimischen Hölzern zwei neue Schiffe gebaut hatten. Die meisten fuhren nach Virginia weiter, die verbleibenden gründeten St. George´s. Die schriftlichen Berichte darüber gelangten 1610 nach London, wurden populär und hatten Shakespeare zu seinem letzten Bühnenstück „The Tempest“ inspiriert.

Urkunde, Bermuda, erste Kronkolonie
Der Kommandant der SEA VENTURE, Admiral Sir George Somers stammte aus Lyme Regis, Dorset. Bermuda wurde Großbritanniens erste Kronkolonie.

Hier im Hafen von St. George´s liegen schon andere Yachten mit der rot-weiß-roten Nationalflagge. Den weitgereisten Fahrtenseglern Ingrid und Robert mit ihrer Ovni 435 STRAWANZA statten wir einen kurzen Besuch ab. Doch unser Außenborder macht heute wieder einmal Probleme und läuft nur mit Choke. Dann verliere ich noch ein Ruder des Beiboots. Es muss abgetrieben sein, die Suche bleibt erfolglos.

Ovni 345 STRAWANZA

In der Bar und beim Einkauf ist es nicht zu übersehen, alles ist extrem kostspielig. Bermuda ist das teuerste Land der Welt, mit einem hohen Lebensstandard und Lebenshaltungskosten die um 30 % höher sind, als jene von New York. Eine Einkommensteuer gibt es hier nicht, der Staat kassiert aber hohe Zölle auf eingeführte Waren. Auf Autos werden ganze 100 % aufgeschlagen. Die Kaufkraft unseres Euro ist hier recht bescheiden. Aber man bleibt ja nicht sehr lange, das gleicht die Verhältnisse wieder etwas aus.

Auf der Rückfahrt arbeitet der Außenborder brav und wir schauen bei Barbara und Wolfgang und ihrem Katamaran PINK PENGUIN vorbei. Beide österreichischen Yachten wollen nach Kanada weiter und warten auf geeignetes Wetter.
Durch die lange Dinghyfahrt und die Wellen in der großen Bucht kommen wir völlig durchnässt an unserem Schiff an. Wir erneuern den Chokezug des Außenborders mit einem gekordelten Edelstahldraht. Zusätzlich machen wir gleich auch noch einen Ölwechsel. Das ist einfach und bald erledigt. Eine Probefahrt ergibt, dass der Motor nun gut und normal funktioniert, wenn er erst einmal warm ist.

Festungsbesichtigung und Geschichte

Wäsche waschen und Trinkwasser für die lange Atlantikreise bunkern ist heute unser Vormittagsprogramm. Nachmittags geht es nochmal an Land, wir gehen auf den Hügel zur Festung Fort Victoria. Diese ist zwar für das Publikum geschlossen, doch ohne Hindernisse zu betreten. Sie wirkt ungepflegt, wenngleich aber gut erhalten. Von dort oben nehmen wir die Abkürzung über den Golfplatz und kommen so sehr einfach und schnell zum Fort Catherine, das als Museum die militärische Geschichte Bermudas darstellt. Man kann das gesamte Fort besichtigen, sieht auch die Munitionslager, deren ausgeklügelte Beleuchtung und die Aufzüge für die Granaten und Treibladungen. Hier sind in Kasematten und auf Stellungen im Freien gewaltige, 18 Tonnen schwere 10-inch RML Rifled Muzzle Loader Kanonen zu sehen. Diese damals modernen, großkalibrigen Vorderladergeschütze hatten bereits gezogene Rohre und hohe Treffgenauigkeit.

Nach dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg hatte England alle Besitztümer in den Westindischen Inseln verloren. Nur noch Halifax, Bermuda und Jamaika verblieben den Briten, um ihre kolonialen Interessen im Westatlantik zu verteidigen. Zwei Jahrzehnte (von 1793 – 1815) kämpften die Briten gegen Napoleon und seine Streitmacht. Trotz des Sieges bei Trafalgar 1805 bedrohten französische Schiffe immer wieder britische Schiffe und Interessen im Atlantik und der Karibik. Bermuda war daher ein strategisch sehr wichtiger Vorposten des riesigen, britischen Empire. Dieses war in der Regierungszeit Königin Victoria´s von 1850 bis 1901 auf dem Höhepunkt seiner Ausdehnung und Macht und umfasste 20% der Landfläche der Erde und 400 Millionen Menschen.
Die Briten hatten die Insel enorm befestigt und Werften für die Marine und Handelsschiffe eingerichtet. Nur unweit vor dem sich erst langsam vom Bürgerkrieg erholenden und sich entwickelnden, schlafenden Giganten Amerika gelegen, war das „Gibraltar des Westens“ den Amerikanern stets ein Dorn im Auge, dies trotz der gemeinsamen Sprache und vieler kultureller Gemeinsamkeiten.
Im zweiten Weltkrieg gewährte Großbritannien den USA die Einrichtung von Stützpunkten auf Bermuda. Neben der früheren, hohen Bedeutung als Militärstützpunkt steht Bermuda nun im Ruf, eine Steueroase zu sein. Versicherungen, Reedereien und Banken haben daher ihren Sitz hierher verlegt.

Start der Atlantic Rally for Cruisers und Besuch der Hauptstadt

Heute fährt die ARC Europe ab, Start ist um Punkt 12:00 Uhr. Nachmittags besuchen wir Ingrid und Robert und verbringen eine nette Zeit auf der STRAWANZA. Abends fahren drei österreichische Crews mit dem Bus in die Hauptstadt Hamilton zum Hafenfest. Die Front Street ist gesperrt und zur Fußgängerzone geworden, es gibt Musik, Tanz und Marktstände mit Essen.

  • Wettbewerbsleitung ARC Europe
  • ARC Start
  • ARC Start
  • ARC Start

Vorbereitungen zur Atlantikfahrt

Helga sieht eine Wetterchance für eine Abfahrt schon am Freitag. Wir besprechen das ausgiebig bis lang in die Nacht und kommen zum Entschluss, die Wetterlage auszunützen. Wie wir später sehen werden, wären wir noch lange nicht weggekommen, wenn wir geblieben wären!

Heute machen wir noch letzte Vorbereitungen am Schiff und kochen für die ersten Tage auf See vor. Wir brauchen auch unbedingt randvolle Wasser- und Dieseltanks und müssen zur Tankstelle fahren. Doch unser Anker sitzt enorm fest und unsere starke Winde schafft es nicht, ihn zu heben. Wenn man Gas gibt wird gar der Bug nach unten gezogen. Wir meinen schon, an einem Wrack zu hängen. Ich fahre eine enge Runde um den Anker und ziehe erfolglos im Rückwärtsgang an der Kette. Schließlich geben wir wieder Kette aus und fahren seitlich zur vermuteten Ausrichtung des Ankers. Das hat ihn endlich ausgebrochen und er kommt eigenartigerweise sauber an die Oberfläche des 10 m tiefen Wassers. Nach dem Tanken wählen wir einen anderen Ankerplatz für die letzte Nacht, machen uns einen gemütlichen Abend und verschwinden früh in den Kojen.
In der Nacht geht das heftigste Gewitter nieder, das wir am Boot jemals erlebten. Es ist taghell und die Blendung durch die Blitze ist stark. Das Boot segelt an der Kette hin und her. Das NAVTEX meldet weitere Trogdurchgänge für die kommenden Tage, wir fahren Mittags in Richtung Azoren ab.