Seglerisches

Ab Baiona nach Süden verläuft die Atlantikküste relativ gerade, nur die Mündungen der großen Flüsse und die weitläufige Ria de Aveiro bieten natürliche Häfen. Alle anderen Häfen sind künstlich durch Aufschüttungen oder Grabungen entstanden. Auffällig in der Kontur der Küste ist die kleine Halbinsel mit dem Fischerort Peniche. Noch weiter südlich liegt das Cabo do Roca, ein felsiges Kap und zugleich der westlichste Punkt des europäischen Festlands.
Für die Schifffahrt ist hier insbesonders hoher Wellengang sehr gefährlich. Die Häfen in den Flussmündungen haben oft Barren vor der Einfahrt, werden bei diesen Bedingungen geschlossen und dürfen nicht mehr angesteuert werden. Es gab hier schwere Unfälle mit Yachten¹, so auch 2023².
Wettermäßig muss man
mit allem rechnen, den für diese Region im Sommer typischen Nordwind lernen wir leider nicht kennen. Besonders heimtückisch finden wir den häufig und überraschend einfallenden Nebel.
Weniger gefährlich, aber zu beachten sind die vielen Hummerkörbe. Deren Leinen hängen oft an leeren Plastikgebinden und sind dementsprechend sehr schlecht sichtbar. Um diese sicher zu vermeiden sollte man sehr weit draußen fahren. Der Orca´s wegen bleiben wir aber nahe der Küste.


Povoa de Varzim

Diesmal sind wir noch vor Sonnenaufgang losgefahren und geniessen das Segeln bis Povoa de Varzim. Große Rotten von Delphinen schwimmen um das Boot. In der Hafeneinfahrt weht der stärkste Wind des Tages. Der Hafen ist sehr gut geschützt, abends fällt plötzlich dichter Nebel ein.

  • Morgen vor Baiona
  • Flaute
  • Delfine
  • Povoa de Varzim

Einen Tag verbringen wir hier, es ist sonnig und heiß. Wenn man die Skyline sieht, denkt man nicht, dass es hier auch eine nette Altstadt gibt wo wir in einem kleinen Restaurant nahe der Festung gut essen können.

Als wir am nächsten Morgen abfahrtbereit sind ist wieder Nebel. Wir verschieben den Törn und nehmen die Metro nach Porto. Das ist eine Stadt, die uns wirklich gut gefällt.


Porto

Wir steuern Porto bei nun gutsichtigem Wetter an. Die Einfahrt in die Mündung des Douro ist tückisch. Es bietet sich an, auf dem Fluss eine Sightseeing-Runde zu drehen. Dann laufen wir gegen den starken Strom zurück und in die feine Douro Marina. Hier gibt es sogar Rabatt für TO-Mitglieder.

Den nächsten Tag verbringen wir wieder in der Stadt. Dom und Bischofssitz werden besichtigt, die das Stadtbild so sehr prägende Stahlbrücke Ponte Luis 1 unten und oben überquert. In Gaia kaufen wir Portwein, abends kommen Marita und Antero von der MEMENTO VIVERE an Bord. Wir haben uns in unserer Werft in Svineviken kennengelernt und nach 2200 sm seit Schweden gab es einiges zu erzählen!


Ria de Aveiro

Wettermäßig ein Überraschungstag mit feinem WSW, gutes Segeln ohne viel zu Kreuzen. In der Einfahrt in die Ria de Aveiro sehr starker Strom und extrem viele Fischer, auch Großschiffe. Der Ankerplatz Baia de Sao Jacinto ist groß und ruhig. Hier übernachten wir, ohne an Land zu gehen.

Ria de Aveiro
Abend in der Ria de Aveiro

Figuera da Foz

Bei der Ausfahrt staunen wir über noch mehr Fischerboote als am Vortag. Auch auf dem Wellenbrecher gehen Hunderte Angler ihrem Hobby nach. Wir segeln mit dem Gennaker am Cabo Montego vorbei. In der Bucht vor Figueira da Foz ist das große Segel ohne den Windschatten des Großsegels nur zu zweit zu bergen. In Figueira erfahren wir, dass heute Nationalfeiertag ist, – deswegen also die vielen Fischer in der Ria de Aveiro.


Nazaré

Alexander reist ab. Unser heutiges Ziel ist Nazare. Während des Einlaufens rutsche ich am Decksaufbau aus und verstauche mir den Fuß an der Holepunktschiene. Ich lege das Boot noch an, aber dann ist der Knöchel schon recht dick. Eis, Druckverband, Vitamine, Ruhe.
Die Marina ist eine sehr gut geschützte, ins Ufer gegrabene Anlage und ist auch sonst sehr empfehlenswert. Der vorgelagerte Unterwassercanyon bewirkt, dass sich hier im Herbst unglaublich hohe Wellen aufbauen, Nazaré ist ein bekanntes Surferparadies.

Marina Nazaré
Marina Nazaré

Am nächsten Tag liege ich und kühle den Knöchel, am Nachmittag kann ich schon wieder gehen. Anderentags sind Bootarbeiten angesagt. Die Wasserschläuche werden demontiert und innen mit Hilfe einer Leine und Schwämmen gereinigt. Nach der Entfernung des Biofilms Wiedermontage, spülen und die Tanks neu befüllen.

Wir bleiben noch einen Tag und möchten nach Batalha zur Mosteiro de Santa Maria da Vitória. Der Bus braucht zwar nur eine Stunde hin, fährt aber vier Stunden zurück. Ich miete einen 125er Scooter, der ist einfach zu fahren. Dieses gotische Kloster mit einer dreischiffigen Basilika, Kreuzgänge und besonders die unvollendeten Kapellen mit den extrem filigran ausgeführten Ornamenten sind Weltkulturerbe. Wir sind begeistert und empfehlen einen Besuch!

Wir fahren noch zur Küste nach Paredes da Vitoria und über die Estrada Atlantica durch beeindruckende Dünenlandschaften nach Sitio. Von hier hat man eine sehr schöne Aussicht auf Nazaré. Abends spazieren wir noch an der Promenade entlang und genießen Drinks.


Peniche

Wir laufen um 09:40 Bordzeit aus, die Windverhältnisse sind schwach und wechselhaft wie so oft an dieser Küste. In Peniche liegen wir im Päckchen. Abends ist sehr dichter Nebel. Wir nehmen noch eine große Ketsch längsseits, nachdem sich niemand anderer erbarmt. Später ist der Nebel so dicht, dass wir die Lichter der Stadt nicht mehr sehen. Das rote Einfahrtlicht des Hafen steht keine 50 m entfernt und ist nur ab und zu als schwacher Schein auszunehmen. Dann läuft noch ein Boot ein, doch auch mit Scheinwerfern sieht man nichts.

Farol do Cabo Carvoeiro
Farol do Cabo Carvoeiro, Peniche

Cascais

Am Morgen ist es sternenklar. Wir machen uns fertig. Ich gehe kurz unter Deck, schreibe ins Logbuch und ziehe die Jacke an. Innerhalb weniger Minuten hat sich Nebel gebildet, ziemlich dichter noch dazu! Wir müssen fahren, demnächst soll S-Wind aufkommen und die Fahrt nach Cascais verunmöglichten. Wir laufen sehr langsam und vorsichtig aus. Mit der Plotteranzeige ist ja Navigation ohne Sicht möglich. Ich stehe am Bug, Helga fährt. Ein Kette von AIS Signalen am Bildschirm markiert den Weg. Nach einer Meile oder so wird es besser. Dann geht die Sonne schön über der Nebelbank am Land auf.
Südlich des Pta. de Lampoeira segeln wir wieder durch Nebel. Nicht sehr dicht, wir sehen einzelne Fischerboote. Dann ist es wieder sonnig. Einige Meilen vor dem Cabo da Roca steht eine Nebelbank, die wie eine am Wasser liegende Lenticulariswolke aussieht. In der ist es dann auch dunkel und kalt. Schnell ist alles triefend nass und vom Mast tropft und rinnt es herunter. Auch Kleidung und Haut werden nass, wir laufen unter Nebelhorn. Vor Cascais sehen wir den S-Kardinal erst aus etwa 30 m, die Hafeneinfahrt ist auch erst aus sehr kurzer Entfernung sichtbar.
Die Hallberg-Rassy 62 BAMSEN liegt hier und fährt kurz darauf ab. Das war Christoph Rassy´s persönliches Schiff mit der er und seine Frau Mai die Welt umsegelte.

Der angesagte S-Wind und somit der eigentliche Grund für die gestrige Fahrt kommt nicht. Das Wetter ist wie so oft: heiß und windstill. Wir erholen uns, klaren das Schiff auf. Nachmittags verlege ich die Strecktaue neu. Eine Gurtverbindung beim Mast und eine Verbindung zum Biminigelenk hält sie nun am Aufbau statt am Laufdeck. Das scheint mir sicherer und praktischer.

Wir fahren mit dem Zug nach Lissabon. Spaziergang durch den Stadtteil Alfama und hinauf zum Aussichtspunkt bei der Igreja de São Vicente de Fora. Dann schlendern wir hinüber zum Castelo de São Jorge, dort lange Schlangen Wartender. Das tun wir uns nicht an. Später geraten wir zufällig in das muslimische Viertel. Keine einzige Frau ist auf der Strasse zu sehen, Helga fühlt sich hier verständlicherweise unwohl. Längeres Warten bei der berühmten Strassenbahn Nr. 28, – eine Fahrt in diesen alten, gelben Klassikern wäre schön. Aber es geht nichts weiter, wir werfen das Handtuch und trinken stattdessen in der Pink Street Bier bei guter Livemusik.

Auf dem Törn über den Atlantik wird uns Günther ab Mindelo begleiten und unterstützen. Wir erstellen eine Gerichte- und Einkaufsliste und beginnen einzukaufen, haltbare Nahrungsmittel zuerst. Wer sich für eine beispielhafte Einkaufsliste für eine Atlantikfahrt mit drei Personen ohne Wassermacher interessiert, kann diese hier ansehen oder herunterladen.
Mein Fuß ist immer noch geschwollen, doch es ist genug zu tun. Neuorganisieren der Stauräume im Salon. Unter den Sesseln bringen wir erstaunlich viel unter, der Rest verschwindet hinter den Rückenlehen des Sofas und in diversen Schapps. Das Mehl füllen wir in Wasserflaschen.
Ich übe auch mit der KW-Anlage, E-Mailversand und GRIB File Download. Das muss bei den Passagen klappen!
Der Himmel trübt sich ein, es ist aber noch warm. Erneute Einkaufstour und wiederum viel schweres Zeug heimgeschleppt, Nudeln, Reis, Konserven. Nachmittags sind wir bei Marita und Antero auf ihrer schönen Najad MEMENTO VIVERE auf Cafe und Snacks.

  • Einkauf
  • Einkauf
  • Einkauf
  • Einkauf
  • Helga schleppt Einkauf
  • Einkauf mit Roller
  • Mehl abfüllen

Am Abend beginnt dann das seit einigen Tagen angesagte Schlechtwetter, der Baro stürzt ab. Regen, Blitz und steifer Wind, Spray fliegt über die Kaimauer. SW-Winde mit 6-7 Bft, Regen. Nun schlagen gewaltige Wellen gegen die Kaimauer. Wir liegen so dicht dahinter, dass das Schiff komplett eingesalzen wird. Eindrucksvoll, wenn man diese Szene vom Leuchtturm aus beobachtet.

Wellenschlag Cascais

Heute ist es morgens blau, das Wetter erlaubt weitere Einkäufe. Das Schiff benötigt noch einige zusätzliche Leinen, morgen droht Sturm mit 35 kn. Tatsächlich kommt Starkregen, dazu über 21 m/s Wind, also ganze 9 Bft. Eine Wetterberuhigung dauert nur wenige Stunden, abends pfeift es schon wieder.
Ich schraube den Adapter in die leere Gasflasche um sie befüllen zu lassen, aber das gelingt nicht. Angeblich soll in der Karibik überall Camping Gaz erhältlich sein. Diese schlecht lackierten Stahlbehälter sind aber für den Gebrauch auf einer Yacht ungeeignet. Ideal wären große Alu- oder Composite Flaschen. 

Wellenschlag Cascais

Wir fahren mit dem Zug nach Belém und besichtigen die Monasteiro dos Jerónimos. Eine lange Warteschlange ist vor dem Eingang. Besonders beeindruckend ist das Südportal. Nicht weniger eindrucksvoll ist der große Kreuzgang mit üppigen Steinmetzarbeiten. Der gelbliche Kalkstein ist teils schon etwas verwittert. Der Stil ist für unser Empfinden ungewohnt und eigenartig gemischt: Manuelinik. Das ist Spätgotik, die bereits Elemente der Renaissance enthält.
Anschließend besuchen wir noch die wunderbare Kirche mit den hohen, schlanken Säulen und einem Netzrippengewölbe. Unter der Empore steht der Sakrophag von Vasco da Gama. Im Kloster sind viele Mitglieder der Königsfamilie begraben.
Dann besichtigen wir das Pradão dos Describmentos, das Denkmal für die Entdecker. Auf dem Bug sieht man Heinrich den Seefahrer mit einer Karavelle. Wir spazieren noch am Torre de Belém vorbei nach Alges zur Metro.

Das Wetter wird wieder schlechter werden, die Abfahrt ist aus heutiger Sicht erst am Mittwoch möglich. Mit einem Scooter fahren wir nach Sintra, parken das praktische Zweirad unter einen Baum und steigen durch den wunderbaren Park zur Villa Sassetti auf. Der Weg beginnt etwas oberhalb des historischen Zentrums. Wir sehen eine toll angelegte, steile Parkanlage, seitlich durch Mauern begrenzt, mit künstlichen Wasserläufen und exotischen Pflanzen. Die Villa ist romantisch, aber offensichtlich unbewohnt. Nach dem Verlassen des Parks geht es auf Waldwegen durch Felsblockgruppen weiter nach oben.
Das Castelo dos Mouros ist eine Ruine einer maurischen Burg, 210 Hm über der Stadt. Im Jahr 1147 wurde sie durch Kreuzritter erobert. Ferdinand II. restaurierte die Anlage teilweise. Von hier hat man eine wirklich tolle Aussicht, die bis zum Meer und nach Lissabon reicht. Etwas höher, auf dem Hügel gegenüber, liegt die Palastanlage Pena.

Das Wetter entwickelt sich nicht so wie erhofft. Regen und ausgiebig Wind, SW was sonst. Das sieht nicht sehr hoffnungsvoll aus für die Fahrt nach Madeira. Unsere Freunde von der DE LIEFDE versuchen es trotzdem, kehren aber wieder um. Wir entscheiden, weiter auf bessere Bedingungen zu warten.
Stefan wird uns besuchen, Besuch aus der Heimat ist eine angenehme Abwechslung.
Viele Tage sind mit Arbeiten am Boot gut ausgefüllt, z.B. Ankerkettenservice: Ausziehen, auflegen, Verbindungsglied erneuern, Kette trocknen, kontrollieren,  bürsten und frisch markieren. Ganz unten im Kettenkasten flexe ich den alten, rostigen Schäkel durch und befestige das Kettenende mit einer Lasching. Diese könnte im Notfall leicht durchschnitten werden. Der Versuch, das IRIDIUM Satellitentelefon mit dem OPTIMIZER in Betrieb zu nehmen scheitert, ich gebe frustriert auf. Marita und Antero sind wieder aus Finnland zurück. Sie besuchen uns an Bord und bringen typisch finnische Geschenke mit. Wir verbringen einen sehr netten Abend.
Das Wetter ist durchmischt, für den Norden und die davor liegenden Seegebiete gibt es Sturmwarnungen und Warnungen vor hohen Wellen. Mit dem Mietauto fahren wir entlang der Küstenstraße zum westlichsten Punkt des europäischen Festlands. Der Blick vom Cabo da Roca ist sehr eindrucksvoll. Da unten sind wir vor einigen Tagen ohne Sicht durchgefahren…

Dann fahren wir weiter nach Sintra und spazieren zur Quinta da Regaleira. Das ist ein ungemein phantasievoller, schlossartiger, neugotischer Bau mit überbordendem plastischen Dekor. Der Park ist sehr schön angelegt, nur die betonierten Wege passen nicht so ganz ins Bild. Es gibt viele Grotten, Türmchen und Terrassen zu entdecken. Besonders hervorzuheben ist eine eindrucksvolle Rundstiege mit Bogenfenstern, welche weit in die Tiefe führt. Unten kommt man hinter einem Tümpel an, verzweigte Gänge führen hinter einen anderen, größeren Teich.

Starkregen und viel Wind in der Nacht, nach Ost abziehend, auch Zeitumstellung. Alle Uhren und Kameras an Bord zeigen nun UTC, das ist auch die Lokalzeit. DE LIEFDE geht erneut Anker auf.

Wir fahren nach Lissabon und auf der A2 über die Porta 25. Abril nach Süden zum Christo Rei und mit dem Aufzug auf die 75 m hohe Aussichtsplattform. Anschließend fahren wir durch hässliche Wohngebiete nach Seixal, doch der Ort enttäuscht ziemlich. Nahe Estoril nehmen wir ein entspanntes Bier am Strand und sehen den Surfern zu.

Helga kocht für die Passage nach Porto Santo vor, dann gehen wir noch aus und Stefan verabschiedet sich. 19 lange Tage haben wir in Cascais gewartet, aber morgen geht´s los.

Cascais
Wetterberuhigung in Cascais

Weitere Fotos aus Portugal sind in der Galerie zu finden.


Links Unfallberichte
1 https://www.rolfdreyer.de/downloads/2_Tote_vor%20Portugal.pdf
2 https://www.portugalresident.com/three-dead-after-danish-sailboat-sinks-in-torres-vedras


ABONNEMENT

Wenn du gerne über neue Beiträge auf dieser Seite informiert werden möchtest, kannst du dich hier anmelden. Wir freuen uns sehr über dein Interesse! Natürlich ist eine Abmeldung auch jederzeit leicht möglich.